Wie ein neues Beschäftigtendatengesetz aussehen könnte

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Wie ein neues Beschäftigtendatengesetz aussehen könnte

Die voranschreitende technische Entwicklung ermöglicht eine immer weitergehende Überwachung von Beschäftigten. Datenbasierte bzw. -getriebene Geschäftsmodelle gewinnen immer mehr an wirtschaftlicher Bedeutung und haben somit auch mehr Einfluss auf Beschäftigte.

Die Digitalisierung von Prozessen, sowie der Einsatz von KI können für Entlastung von Beschäftigten sorgen und Routineaufgaben übernehmen. Gleichzeitig führt diese Umstellung dazu, dass größere Datenmengen entstehen und neue Mittel zur Verknüpfung von Daten möglich sind. Den Arbeitgebern steht somit eine deutlich umfangreichere Möglichkeit der Überwachung von Beschäftigten zur Verfügung.  Arbeitgeber verarbeiten im Zuge des Arbeitsverhältnisses große Datenmengen. Neben den üblichen Personenstammdaten der Mitarbeiter betrifft dies gegebenenfalls auch Daten wie das polizeiliche Führungszeugnis, Bewerberdaten, Schufa-Auskunft, Gesundheitsdaten oder Ergebnisse von Eignungstests.

Art. 26 BDSG soll überarbeitet werden

Die Datenschutzgrundverordnung sieht für das Arbeitsverhältnis keine speziellen Normen vor, ermöglicht aber über die Öffnungsklausel in Art. 88 DSGVO, dass Mitgliedstaaten eigene Regelungen bezüglich der Verarbeitung von Beschäftigtendaten zu verabschieden. Im deutschen Bundesdatenschutzgesetz, welches 2018 neu verfasst wurde, stellt §26 BDSG eine solche Regelung dar.

Allerdings entschied der EuGH in seinem Urteil vom 30. März 2023, dass § 23 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes (HDSIG) gegen die DSGVO verstößt. Problematisch daran ist vor allem, dass §23 HDSIG inhaltlich identisch mit §26 BDSG ist und somit § 26 BDSG laut BAG nur teilweise anwendbar. Die geltende Rechtslage besteht somit überwiegend lediglich abstrakt und ist stark von der Auslegung durch Gerichte und Aufsichtsbehörden geprägt

BMAS und BMI federführend bei dem neuen Entwurf

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) wollen mit einem Gesetz für ein Beschäftigtendatengesetz mehr Klarheit schaffen und Rechtssicherheit schaffen.  Nachdem die DSK bereits 2022 ein solches Gesetz gefordert hatte, liegt nun seit dem 8. Oktober 2024 ein Entwurf vor, der Folgendes regeln soll:

  • Die in § 26 BDSG abstrakt formulierten Überlegungen werden nun konkreter dargestellt, sodass die Zulässigkeitsprüfung der Datenverarbeitung in komplexen Einzelfällen erleichtert wird;
  • die Grenzen des Fragerechts des Arbeitgebers in der Bewerbungsphase werden klarer definiert und es wird auch klargestellt, wann Gesundheitsuntersuchungen und psychologische Tests zulässig sind;
  • der Entwurf enthält differenzierte Regelungen zu den verschiedenen Überwachungsformen von Beschäftigten;
  • im Falle des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz am Arbeitsplatz werden eine Reihe von Informations- und Kennzeichnungspflichten vorgesehen, die mehr Transparenz schaffen sollen und
  • Regelungen zum Profiling von Beschäftigten werden eingeführt.

Neue Löschfristen bei Bewerberdaten

Änderungen gibt es bzgl. der Löschfrist für Bewerberdaten. Der Grundsatz der Zweckbindung besagt, dass personenbezogene Daten gelöscht werden müssen, sobald sie nicht mehr zur Erreichung der angestrebten Ziele notwendig sind. Nach den derzeitigen Rechtsvorschriften können die Unterlagen von abgesagten Bewerbern bis zu sechs Monate nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens gespeichert werden. Die Regelung in § 61b des Arbeitsgerichtsgesetzes in Verbindung mit § 15 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) besagt, dass eine Klageschrift innerhalb von drei Monaten nach schriftlicher Geltendmachung des Anspruchs einzureichen ist. Die Forderung nach einer Entschädigung aufgrund einer Diskriminierung muss schriftlich binnen zwei Monaten erhoben werden. Auf dieser Grundlage wird praktisch für die personenbezogenen Daten abgesagter Bewerber eine Löschfrist von sechs Monaten angewandt. Der neue Entwurf sieht hingegen vor, dass Bewerberdaten spätestens drei Monate nach Feststellung des Nichtzustandekommens eines Beschäftigungsverhältnisses gelöscht werden müssen. Sollte der potenzielle Arbeitgeber zu einem späteren Auswahlverfahren die Daten speichern, so wird die Einwilligung der betroffenen Person benötigt.

Regelungen zur Einwilligung

Oftmals gibt es keine andere Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Mitarbeiterdaten als die Einwilligung der Mitarbeiter. Die Tatsache, dass die Abhängigkeit der Beschäftigten im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses in Frage gestellt wird, stellt ein Problem dar. In Anbetracht dessen legt §5 Abs. 2 des Entwurfes fest, in welchen Situationen eine Freiwilligkeit der Einwilligung in der Regel angenommen werden kann:

  1. die Nutzung von Fotos für das Intranet,
  2. die Aufnahme von Namen und Geburtsdatum in eine Geburtstagsliste,
  3. die Teilnahme an Angeboten zur Gesundheitsförderung im Rahmen eines betrieblichen Gesundheitsmanagements,
  4. die Erlaubnis zur Privatnutzung von betrieblichen IT-Systemen,
  5. die Nutzung von biometrischen Daten zur erleichterten Identifizierung, sofern es eine gleichwertige Alternative gibt, die keine Nutzung biometrischer Daten erfordert

Verabschiedung des Gesetzesvorhabens

Fraglich ist, wie zeitnah der Entwurf tatsächlich umgesetzt werden kann. Durch das Zerbrechen der Ampelkoalition am 6. November 2024 werden einige der Gesetzesvorhaben aufgrund von mangelnden Mehrheiten nicht mehr durchgesetzt werden können. Es ist unwahrscheinlich, dass das Beschäftigtendatengesetz vor den Neuwahlen verabschiedet wird, da es sich noch in einem sehr frühen Stadium befindet. Aus diesem Grund dürften in naher Zukunft keine Veränderungen der Datenschutzbestimmungen im Arbeitsverhältnis erwartet werden.

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